Von Schnabelschuh bis Sneaker
Was für ein Jammer! Am 24. Mai geht in Oberhausen eine Ausstellung zu Ende, die jeden Schuh-Fan (und nicht nur die) in Entzücken versetzt. Ein Jammer deswegen, weil „ART ABOUT SHOES“ in der LUDWIGGALERIE weitaus mehr Besucher verdient gehabt hätte. Wäre Corona nicht gewesen. Kurz vor Schluss hatte ich die einmalige Gelegenheit, die Ausstellung im Rahmen einer privaten Führung mit Dr. Christine Vogt zu genießen. Und bin total begeistert.
Für die Ausstellung ART ABOUT SHOES hat Museumsdirektorin und Kuratorin Dr. Christine Vogt Bilder, Fotos und Kunstobjekte aus verschiedensten Epochen mit viel Liebe, Sachverstand und so manchem – gerade das ist das Besondere – überraschenden Moment zusammengestellt. Dabei fragt man sich zunächst: Warum Schuhe in Oberhausen? Warum gerade dort? Mitten im Ruhrpott? Aus gutem Grund, wie mir Dr. Vogt erzählt. Dass sich die LUDWIGGALERIE überhaupt mit dem Thema Schuh auseinandersetzt, ist auf die Aufstellung der im wahrsten Sinne des Wortes „groß-artigen“ Stahlskulptur „Red Heels“ zurückzuführen. Die sechs Meter hohe Plastik aus roten hochhackigen Pumps wurde von dem bekannten deutschen Pop Art-Künstler Heiner Meyer geschaffen und ist seit März vor dem Haupthaus von Schloss Oberhausen zu bewundern.
Eben diese, schon von weitem sichtbare Skulptur diente als Auslöser für die Ausstellung ART ABOUT SHOES. Unter anderem ein Grund dafür, dass in der „Ausstellung in der Ausstellung“ ein besonderer Fokus auf Heiner Meyers künstlerischem Schaffen liegt. Seine starke Position zum Schuh ist allgegenwärtig. High Heels und schnelle, teure Autos, Overknees und Nagellack, aber auch edle Orchideen wie der „Frauenschuh“ versprühen diesen Hauch von Luxus, Glanz und Glamour. Nicht zuletzt hervorgerufen durch die intensiven Farben und spiegelnden Effekte, die den besonderen Reiz seiner Bilder ausmachen. In seinen Werken geht es um Sex-Appeal und Verführung, aber immer mit einem gewissen Augenzwinkern. Dr. Vogt nennt es Pop-Art im Stiletto-Format.
Allein die spektakulären Bilder von Heiner Meyer wären einen Besuch wert. Aber ART ABOUT SHOES hat mehr zu bieten. Es ist die erste Ausstellung, die Positionen vom legendären Fußabdruck Buddhas bis zu den Schuhkreationen Andy Warhols zusammen- und gegenüberstellt. Schuhe und Kult sowie kultige Schuhe bilden eine Klammer. Die Hl. Hedwig, deren Attribut die Schuhe sind, begegnet den Adidas All Stars an den Füßen von Freddy Mercury. Es ist Dr. Christine Vogt gelungen, immer wieder spannende, manches Mal überraschende und bewusst gegensätzliche Elemente in einen Kontext zu setzen. Man kann sich nicht satt sehen, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Neue Sichtweisen auf zum Teil bekannte Bilder öffnen sich. Auch der Blick auf den Fuß bietet immer wieder Raum für Entdeckungen und Einsichten.
In der Ankündigung zur Ausstellung ist zu lesen: „Der Schuh gehört zweifellos zu den Bekleidungsstücken, die die Menschen immer wieder besonders bewegt haben. Nicht nur Mittel gegen Kälte und Hitze, Verletzung und Schmutz, ist der Schuh doch vor allem Projektionsfläche für gesellschaftliche Stellung, das „durch die Welt gehen“ und für erotische Fantasien.“ ART ABOUT SHOES spiegelt all diese Aspekte wider und spannt dabei den Bogen von der Antike bis zu aktuellen Arbeiten, vom Mittelalter bis zu Mel Ramos. Vom Schnabelschuh bis zum Sneaker. Vom High Heel bis zum Pantoffel. Natürlich widmet die Ausstellung auch dem ROTEN SCHUH ein eigenes Kapitel. Damit fing schließlich alles an… Und geht am Pfingstmontag leider viel zu schnell zu Ende.
Ende gut, alles gut: Am Freitag, 21. Mai, entfallen für Oberhausen die Einschränkungen der Bundesnotbremse. Somit kann die LUDWIGGALERIE ihre Räume unter den derzeitigen Auflagen öffnen. Ein Besuch der Ausstellung ist nach Anmeldung und Buchung eines Zeitfensters möglich.
Weitere Infos unter
www.ludwiggalerie.de