ODER: SCHUHEXPERTIN DR. CLAUDIA SCHULZ ÜBER TRENDS, IHR SCHUHREGAL UND DAS SAUERLAND
Letzten Samstag hatte ich Besuch von der zauberhaften Steffi.
Steffi ist Bloggerin und betreibt den ebenso zauberhaften wie spannenden Blog „Zauberhaftes Sauerland“.
In ihrem Blog schreibt sie über Menschen, Orte und all das, was das Sauerland lebens- und liebenswert macht. Wie schön, dass sie dabei auch auf mich gekommen ist…
Aber lesen Sie selbst:
BLOGBEITRAG
5. August 2019 von zauberhaftessauerland
„These boots are made for walking” – und damit hat sich das Thema für mich eigentlich auch schon wieder erledigt. Wenn du nicht gerade ein Fashion-Victim bist, geht´s dir vielleicht ähnlich!? Dabei stecken unsere Füße doch gut zwei Drittel des Tages in Schuhen; wir gehen, rennen, hüpfen, flanieren, tanzen und wandern in ihnen. Da haben sie doch irgendwie auch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient… Also habe ich ihnen eine ganze „Sprechstunde“ mit „Dr. Schuh“ gewidmet. Dr. Claudia Schulz, wie sie wirklich heißt, ist DIE Schuhexpertin schlechthin (google einfach mal das Wort „Schuhexpertin“), Pressesprecherin des Bundesverbandes der Schuh- und Lederindustrie und des „Deutschen Schuhinstitutes“, Moderatorin, Trendberaterin, Bloggerin und freie Journalistin. Und obwohl sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Gerd, Hund Alexis und Katze Katzul ein Zuhause an der Listertalsperre geschaffen hat, bei dem „Da wohnen, wo andere Urlaub machen“ nochmal eine ganz neue Bedeutung bekommt, ist sie mehr als die Hälfte des Jahres in der ganzen Welt unterwegs. Denn ihre Mission ist: Der Schuh!
Der falsche Schuh macht das schönste Kleid kaputt
Um ehrlich zu sein, ich habe noch nie zuvor vom „Deutschen Schuhinstitut“ gehört. Wie arbeitet dieses Institut, was sind seine Aufgabenbereiche?
Das „Deutsche Schuhinstitut“ gehört zum Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie, und wird getragen von der deutschen Schuhindustrie und dem Handel, und zwar von den Einkaufsvereinigungen. Das Schuhinstitut hat drei Säulen, mit denen es sich beschäftigt: Das ist einmal die Mode, also wir geben Modetrends heraus über „MODEUROP“. Dann der Bereich Kinderschuhe, ganz wichtig, da haben wir das WMS-System entwickelt, also das Weiten-Maß-System, das vielen Eltern aus dem Schuhgeschäft bekannt ist. Die dritte Säule, die gerade in letzter Zeit sehr wichtig geworden ist, ist das große Thema „Nachhaltigkeit“. Da gibt es die Organisation „CADS“, die beschäftigt sich mit der Vermeidung von Schadstoffen in Schuhen und in Ledern durch Transparenz in der Lieferkette. Dadurch, dass global produziert wird, muss man Informationen über Schuhindustrie und über Schuhfertigung weitergeben und darauf achten, dass sie unter fairen sozialen Bedingungen hergestellt werden. Dafür gibt es einen „Code of Conduct“, dem alle Mitglieder von „CADS“ folgen. Und ich bin eben für alle drei Säulen tätig im Bereich Presse und Marketing, aber eben auch im Modebereich, besonders in der Trendberatung.
Wie konnten Schuhe eine so große Bedeutung in deinem Leben gewinnen?
Ich habe mich immer schon für Mode und besonders Schuhe interessiert, habe aber Sprachen und Betriebswirtschaft studiert, in Siegen. Ich war immer schon ein großer Fan von Italien, und im Grunde war das auch der Beginn… Nach dem Studium habe ich nämlich meine erste Stelle beim „Italienischen Institut für Außenhandel“ bekommen und war dafür für PR und Marketing für die italienische Schuhindustrie tätig. Damit ist eigentlich der Grundstein gelegt worden, das war 1991. Seitdem hatte ich immer mit Schuhen zu tun, war aber in unterschiedlichen Bereichen tätig: Mal im Handel, mal als Chefredakteurin einer Fachzeitschrift, und irgendwann habe ich mich dann selbstständig gemacht und bin jetzt vielschichtig tätig. Beratend für den Verband und das Institut, aber eben auch selbst als Journalistin und Trendberaterin. Also es sind immer die Schuhe, aber Schuhe können nicht ohne „Oben-rum“, ohne Mode… Man fängt mit der Bekleidung an und fragt dann, wie sieht der Schuh dazu aus.
Also muss der Schuh zum Outfit passen und nicht umgekehrt?
Meistens ist das so, ja. Das ist eigentlich schon von der Folge in der Industrie, im Design bestimmt. Das heißt, zunächst sind die Klamotten da, die Outfits, und dann kommt der passende Schuh dazu. Aber manchmal gibt es auch Trends, zum Beispiel jetzt die Langschaftstiefel. Darauf baut man dann auf; fragt sich, was trage ich oben rum jetzt dazu. Aber sonst geht das meist von der Kleidung aus; habe ich kurze oder lange Hosen, enge oder weite, und dementsprechend wird auch der Schuh kombiniert. Das Gleiche gilt für Röcke. Im Moment sind Midi-Kleider angesagt, dazu trage ich andere Schuhe, als wenn ich beispielsweise einen Mini-Rock trage… Auf jeden Fall ist es so: der falsche Schuh macht das schönste Kleid kaputt!
Du bist viel unterwegs, spürst Trends in der ganzen Welt auf. Unterscheidet sich die Schuh-Vorlieben von Land zu Land?
Vielfach ist Mode tatsächlich global geworden, durch Internet, durch Instagram, Blogger, die auf der ganzen Welt aktiv sind. Insofern finde ich es schon interessant, dass sich die Grenzen eigentlich aufgelöst haben. Ich bin auch viel in Asien unterwegs; was mir da auffällt, mit großer Freude, ist, wie individuell sich die Menschen dort anziehen. Die geben sich total viel Mühe, während es bei uns häufig so ist, dass viele Frauen den bequemen Look lieben. Lässig, bequem, die deutsche Frau tendiert eigentlich immer zum sportiven Look! Was aber in letzter Zeit neu dazu gekommen ist, dass Kleider total spannend geworden sind für viele Frauen… Ich begründe das aus zwei Dingen heraus: Einmal weiß ich das von mir selbst; ich bin so viel unterwegs und wenn ich Kleider einpacke, am besten noch „Kofferkleider“, die nicht knittern, muss ich mir keine Gedanken mehr machen, was ich oben und unten herum anziehen soll. Das ist easy! Und dann glaube ich, dass Kleider doch eine gewisse Feminität ausstrahlen. Ich kann ein Kleid mit einem Sneaker ja auch total lässig stylen, das ist auch noch so ein Punkt. Stichwort „Sneaker“: Der ist nie mehr tot zu kriegen, ähnlich wie die Jeans, das lieben die Menschen, und das ist auch weltweit so!
Und was ist aktuell richtig „in“?
Ich habe gerade meinen „Trendmonitor“ fertig gemacht für Frühjahr / Sommer 2020. Es ist tatsächlich so, dass im nächsten Jahr das Thema „Nachhaltigkeit“ eine ganz große Rolle spielt. Leder ist für mich sowieso ein natürliches Material, aber es kommen noch ganz viele natürliche Textilien dazu, Bast, Raffia, und tatsächlich ist auch der vegane Schuh ein großer Trend. Da muss man dann aber auch ganz besonders streng sein, denn auch der Kleber darf keine tierischen Elemente enthalten; man kann nicht einfach sagen, dass ein Plastikschuh grundsätzlich vegan ist… Was dann auch noch kommt, und das hat sich meiner Meinung nach aus dem Sneaker entwickelt, das sind Trekking-Sandalen, die dann so ein bisschen schicker und stylischer gemacht sind, aber trotzdem mit Klettverschlüssen und dickeren Sohlen. In der Mode gibt es ja auch immer ein Gegenpol, und der Gegenpol zu den ganzen natürlichen Materialien und Farben wird ein knalliges Orange ganz, ganz wichtig werden. Dieses Jahr war es gelb, nächstes Jahr orange, und auch neon, wobei man da immer aufpassen muss. Das kann auch schnell nach Kirmes-Chic aussehen. Grundsätzlich wird die Mode etwas cleaner, nicht mehr ganz so dekoriert, kein wilder Muster-Mix mehr, viel weiß…
Wie entdeckt man diese Trends?
In der Oberbekleidung geht es los mit den ersten Messen, wo Garne und Stoffe gezeigt werden, damit fängt es an. Daraus entwickeln sich dann die ersten Trends und Themen. Dann entwerfen auch die ganz großen Marken erste Looks; daran orientieren sich auch viele. Aber was sich grundlegend in den letzten Jahren geändert hat, ist, dass die Trends auch von der Straße kommen. Früher hielt man das, was „Dior“ oder „Chanel“ sagte, für maßgeblich; das waren dann die Grundrichtungen. Es gab fast schon ein Mode-Diktat, in dem Jahr ging dann wirklich nur die Rocklänge, und nichts anderes. Heute ist das nicht mehr so, und ich glaube, das liegt auch viel an der Digitalisierung. Viele Trends entstehen wirklich von der Straße, ob das jetzt Hip-Hop-Bewegungen sind oder Street Wear; Berlin wird auch immer ganz viel besprochen. Ein gutes Beispiel ist das Thema „Leo“: Das ist eigentlich längst vorbei, aber es muss nur eine Bloggerin kommen und einen Leo-Mantel tragen, und sofort springen alle wieder auf „leo“ auf. Genauso mit Ballerinas: Die waren eigentlich weg vom Markt, aber plötzlich poppt das wieder auf; habe ich schon beobachtet auf Instagram…
Was macht einen guten Schuh aus?
Ganz wichtig ist, dass er an den Fuß passt! Deswegen finde ich es auch ganz wichtig, dass man Schuhe anprobiert, beide, und ein paar Schritte im Laden läuft. Man kann nicht sagen, dass ein guter Schuh unbedingt flach sein muss oder aus Leder… Wichtig ist ein atmungsaktives Material, damit der Fuß nicht so schwitzt. Auch herausnehmbare Sohlen sind gut, die ich eben auch mal wechseln kann. Und natürlich die Verarbeitung, die ist auch entscheidend. Das sieht man ja auch ganz gut, ob der Kleber da irgendwie hässlich hervorschießt oder Schuh schlecht genäht ist… Es kommt wirklich auf den eigenen Fuß an; Manche können gut auf Absätzen laufen, Andere sind lieber in flachen Schuhen unterwegs. Aus ärztlicher Sicht – ich bin ja kein Mediziner, aber wir sprechen viel mit Orthopäden – ist es tatsächlich so, dass man seine Schuhe jeden Tag wechseln sollte, weil man täglich ein kleines Schnapsglas voll Flüssigkeit ausschwitzt, das denkt man gar nicht. Und ruhig auch mal die Absatzhöhe wechseln! Früher hat man gern hohe Absätze verteufelt, aber heute weiß man, dass ein höherer Absatz auch gut ist, um die Fußmuskulatur zu trainieren. Die Orthopäden raten dazu, jeden Tag zu wechseln, mal einen flachen Schuh, mal etwas höher.
Wie viele Paare stehen in deinem privaten Schuhschrank? Hast du ein Lieblingsmodell oder eine Lieblingsfarbe?
Ich habe unendlich viele Schuhe, das muss ich zugeben. Aber das ist ja auch berufsbedingt; also wahrscheinlich schon dreihundert Paare. Ich muss ja auch mit gutem Beispiel vorangehen, und ich kaufe mir auch wirklich gerne Schuhe. Die sind jetzt hier im ganzen Haus verteilt, aber ich trage die auch wirklich! Ich wechsele viel… Und natürlich habe ich auch Lieblingsschuhe, aber das ändert sich saisonal, und nach Lust und Laune. Im Moment trage ich sehr gern Kleider, und da muss man ja schon entsprechend die Schuhe dazu abstimmen. „Koral“ finde ich als Farbe gerade sehr schön, und Naturtöne, aber das ist natürlich alles ein Sommer-Thema. Wenn´s richtig Herbst geht, geht´s eher wieder Richtung Brauntöne, „cognac“, das hatten wir jetzt auch länger nicht. Wir werden sehr viele Gewürzfarben haben, das passt gut zu den Herbstlaub-Tönen!
Wer viel unterwegs ist, kehrt auch häufig zurück. Was bedeutet es dir, wenn du wieder an „deiner“ Listertalsperre ankommst?
Ein Ort der Ruhe, eine Oase, ein Naturparadies, ein Platz, an dem ich wirklich entspannen kann… Hier spielt dann Mode auch mal eine untergeordnetere Rolle, hier kommt man immer auf den Boden der Tatsachen zurück. Aber wenn wir Gäste haben aus dem Sauerland, sind die auch immer ganz interessiert an den neuesten Trends und den ganzen Schuhen. Es ist dieser Mix, das gefällt mir gut. Ich genieße es, hier anzukommen, im Garten zu schein, zu schwimmen in der Lister direkt vor der Haustür, mit Gerd und den Tieren zusammen zu sein. Ich glaube, man kann diesen Job auch nur machen, wenn man diese Orte der Entspannung hat. Das vermisse ich schon, wenn ich so viel unterwegs bin!
Leider hat unsere liebe „Dr. Schuh“ keine öffentliche Sprechstunde, aber ich hoffe, die wichtigsten Schuh-Infos für dich eingeholt zu haben!? Ansonsten klick dich mal durch ihren Blog oder lade sie als Trendberaterin in dein Team ein, wenn sie mal wieder im Sauerland ist – es lohnt sich!